Permutations

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Filmstreifen aus Permutations (1968) von John Whitney Sr.
© The Estate of John and James Whitney

John Whitney Sr. (1917–1995) galt bereits Mitte der 1960er Jahre in einschlägigen Kreisen als Meister mathematisch strukturierter visueller Animation. Dies veranlasste das IBM Los Angeles Scientific Center, Whitney 1966 erstmals den Status als Artist in Residence zuzuerkennen. Er erhielt den Auftrag, die Ausdrucksmöglichkeiten zu erforschen, die der IBM Model 360 Computer und die IBM 2250 Graphic Display Konsole boten.

Whitney wurde in seiner Arbeit bei IBM von dem Programmierer und Grafikexperten Dr. Jack Citron unterstützt. 1968 stellten Whitney und Citron Permutations fertig, einen Computergrafik-Film mit einer Spieldauer von acht Minuten, der ausschließlich aus den voneinander unabhängigen, kreisförmigen Bewegungen von 281 Farbpunkten bestand.[1] Die kinetischen Rhythmen und Phasenkonstellationen der bewegten Punkte erzeugen Wahrnehmungseffekte, die für Whitney in einem stark analogen Verhältnis zu den Modulationen von Spannungen in der Musik standen:

Jeder Punkt in ›Permutations‹ bewegt sich verschieden schnell und jeweils in die Richtung, die mit den Naturgesetzen im Einklang steht. […] Aus dem Verhalten der Punkte ergeben sich Phänomene, die mehr oder weniger der Harmonielehre in der Musik entsprechen. Sobald die Punkte in ein gewisses numerisches Verhältnis zu den anderen Parametern in der Gleichung eintreten, bilden sie einfache, vielfältig gelappte Figuren. Dann wieder treten sie in komplexe numerische Verhältnisse ein und erscheinen randomisiert. Ich sehe in diesem Phänomen einen Wechsel zwischen Ordnung und Unordnung, der an den Harmonie-Dissonanz-Effekt in der Musik erinnert. [2]

Jedes Einzelbild in Permutations benötigte zwei Sekunden Rechenarbeit und wurde direkt vom Schwarz-Weiß-Display des IBM 2250 auf 16mm-Film fotografiert. Farbe kam erst später hinzu durch den Einsatz von optischer Printertechnologie. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung von Permutations gab es insgesamt nur eine kleine Handvoll vollständig computeranimierte Filme; deshalb wurde der Film wichtig für viele nachfolgende Animationskünstler, die sich ebenfalls für die vom Computer gebotenen Möglichkeiten interessierten.

In seinen frühen Computerarbeiten wie Permutations und Arabesque (1975) konzentrierte sich Whitney vor allem auf die Schöpfung musikähnlicher Strukturen in dynamischer visueller Form und nicht auf Mapping von Ton zu Bild und umgekehrt. Dies änderte sich nach der Veröffentlichung seines Buchs Digital Harmony im Jahr 1980: Von da an bis zu seinem Tod 1995 widmete sich Whitney ganz der Entwicklung eines Softwareinstruments, mit dem es möglich sein würde, gleichzeitig und in Echtzeit visuellen und musikalischen Output zu komponieren. In Zusammenarbeit mit dem Programmierer Jerry Reed entwickelte er ein audiovisuelles Kompositionssystem, das Whitney-Reed RDTD, mit dem es möglich war, musikalische Gestaltung zu verwirklichen, Ton für Ton verknüpft mit Farbdesign, Schritt für Schritt aufeinander bezogen.[3]

In den letzten Jahrzehnten seiner Laufbahn fasste Whitney das Modell, mit dem er zeitliche Strukturen zu verstehen suchte, unter dem Begriff computational periodics zusammen, der harmonischen Übereinstimmung periodischer Funktionen. Er schreibt dazu:

Rhythmus, Metrum, Frequenz, Tonalität und Intensität sind die periodischen Parameter der Musik. Es gibt eine Gruppe ähnlicher Parameter, die die bildliche Domäne konstituieren; diese ist ebenso gültig und fruchtbar wie ihr Gegenstück, die Domäne des Klangs. Die visuelle Domäne ist ebenfalls durch Parameter definiert, die ihrem Wesen nach periodisch sind. Computational periodics ist daher ein neuer Begriff, der benötigt wird zur Identifikation und Unterscheidung dieser multidimensionalen Kunst für Auge und Ohr, die ihre ausschließliche Wohnstätte in der Computertechnologie hat. [4]