Synästhesie, ein neurologisches Phänomen

Der Begriff Synästhesie (griech.: syn = gleichzeitig, aesthesia = Wahrnehmung) bezeichnet das gleichzeitige, unwillkürliche Wahrnehmen verschiedener nicht zusammengehöriger Sinneseindrücke und wird deshalb auch als Vermischung der Sinne bezeichnet. So kann z. B. Sprache Farbwahrnehmungen auslösen oder Gerüche erzeugen geometrische Figuren.

Betrachtet man die Synästhesie als Forschungsobjekt, so müssen zunächst zwei unterschiedliche Ansätze voneinander abgrenzt werden: Synästhesie im neurologischen Sinne ist grundsätzlich zu unterscheiden von Bemühungen um die Aufdeckung von Gemeinsamkeiten zwischen Sinnesmodalitäten, insbesondere zwischen Tönen und Farben im Sinne einer verborgenen Entsprechung oder höheren Formel (Johann Wolfgang von Goethe) sowie von der Stilfigur, die vor allem in romantischer sowie symbolistischer Literatur zu finden ist.

Korrespondenzmodelle und darin enthaltene Farbe-Ton-Analogien beschäftigen die Menschheit schon seit Aristoteles, während Synästhesie im neurologischen Sinne erst Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts Gegenstand des wissenschaftlichen Interesses wurde. Im Folgenden geht es um eine Geschichte der Synästhesie aus neurowissenschaftlicher Perspektive.